DIE REINKARNATION
Ich spreche von der Reinkarnation, vom Entwicklungsverlauf des Wesens durch viele Leben, vom Sterben und der Wiederverkörperung (Reinkarnation). In der geistigen Lehre ist dieses Geschehen eine Selbstverständlichkeit, da es eines der Gesetze der Entwicklung ist. Als selbstverständlich wird es in allen fundamentalen Religionslehren angesehen, nur von einigen Kirchen wird es in Abrede gestellt, obgleich in der ursprünglichen Lehre dieser Kirchen ganz selbstverständlich darüber gesprochen wird. Dabei handelt es sich um schwache Kirchen und Sekten von niedrigerer Bedeutung, und es geschieht vielleicht aus Unwissenheit oder der Unmöglichkeit, es zu erklären. Irgendwo ist die ursprüngliche geistige Weisheit schon verloren gegangen, und an ihre Stelle trat der einfache Drill des blinden Glaubens.
Das innere Wesen durchschreitet viele Leben, vom primitivsten ständig weiter, über die menschlichen Geburten, deren viele sind, bis zur vollkommensten und zur finalen Wiederverschmelzung mit der Podstata. Das innere Wesen nenne ich auch „Wesen des Schöpfungswerks“; dies deshalb, weil es mit seinem Leben das Schöpfungswerk durchschreitet, es durch seine Gegenwart belebt und seine Qualitäten anfüllt. Wie schon gesagt, verformt sich dieses Wesen ständig und bildet sich in Richtung zur Vollkommenheit, d.h. zum Gleichgewicht aus.
An ihm sind, bildlich ausgedrückt, die spezifischen Leben so wie die Korallen an einem Faden aufgereiht. Es gibt ihrer sehr viele. Am Anfang sind es die Leben primitiver Pflanzen, dann niederer tierischer Lebewesen, weiter höherer und immer höherer bis zum Menschen, und über den Menschen weiter zu noch höheren und immer höheren Geburten und Geschöpfen. Es ist eine ständige Reinkarnation in neue und neue passende Schicksale, in Geschehnisse und Situationen, deren das Wesen aus Gründen der Belehrung bedarf. Wie sieht diese Reinkarnation aus:
Lasst uns von den menschlichen Leben sprechen, weil uns diese am nächsten und verständlichsten sind.
Ein spezifisches Menschenleben dauert von der Geburt in seinen neuen Körper und endet knapp vor der nächsten Geburt. In dieser Zeit spielt sich in ihm eine Episode ab, die wir den leiblichen Tod nennen.
Dabei geschieht nicht so viel, wie die Menschen meinen. Der Leib, als die niedrigstwertige Komponente des Menschen, verkommt verhältnismäßig sehr schnell. Nach der Geburt entwickelt er sich so ungefähr 25 Jahre. Die Dauer ist individuell, aber auch nach dieser Zeit bleibt die Entwicklung stehen und sehr bald beginnt der Abstieg. Es fängt der Gegenpol der Entstehung an, d.h. Rückgang. Das schreitet wieder individuell fort, entweder schnell oder langsam, und führt zum leiblichen Tod. An der Länge dieses Lebensabschnittes beteiligt sich einesteils das gegebene oder, besser gesagt, das verdiente Schicksal beteiligt, andernteils die vitale Potenz, und zum großen Teil die Lebensweise des Individuums, weiter die gute oder schlechte Umgebung, für die die gesamte menschliche Gesellschaft verantwortlich ist, ihr Lebensstil, die Angewohnheiten, die urteilslos übernommenen Bräuche der Vorfahren usw.
Günstig wirkt die Weisheit des Einzelnen, seine kritische Haltung gegenüber den schlechten Angewohnheiten der gegenwärtigen menschlichen Gesellschaft, deren Behebung und die Anpassung des eigenen Lebensstils, womöglich an das natürlichste Leben, weiter die günstige Entwicklung des Gesundheitswesens, d.h. der Heilmittel, die gefährliche Krankheiten ausrotten u.ä.
Aber einmal dient der Körper aus. Der Mensch streift ihn sozusagen ab und verlässt ihn. Die Körpermasse, die vom menschlichen Wesen befreit wurde, und also auch von seiner vitalen Kraft, unterliegt weiter nur noch dem Gesetz der Materie. Sie verwest, zerfällt, geht zugrunde. Der Mensch, der diesen Körper verlassen hat, lebt weiter im Bewusstsein seines fortschreitenden spezifischen Lebens. Er lebt seinen zweiten Lebensteil, ohne Körper. Er hat keine materiellen Sinne (Sehvermögen, Gehör usw.), mit denen er an das materielle Geschehen dieser Welt gebunden wäre, er hat aber das Bewusstsein seines Seins. Dadurch erfasst er solch ein Gebiet, wie er in seinem Leben ausgeübt hat. Er hatte eine gewisse aufgezogene Struktur, und deshalb strahlt es den Einfluß seiner Qualität (Vibration) aus. Demgemäß fahndet er nach den gleichen Qualitäten der momentan verkörperten und auch noch nicht verkörperten Menschen. Wenn es sich z.B. um einen Alkoholiker oder einen Raufbold handelt, dann zwängt er sich mit seinen Gefühlen in solch ein Milieu und unter solche Menschen. Dort nimmt er ihre Gesinnung wahr, in der er wie zu Hause ist. Ein guter Mensch neigt sich guten Menschen zu, ein Künstler zu den Künstlern seines Fachs, ein Philosoph zu den Philosophierenden, derjenige, der stets den andren helfen wollte und schon in gewissem Maße die geistige Wahrheit erkannt hat, neigt sich dorthin, wo er mit seinem Einfluß helfen kann, und wird zum geistigen Beschützer der, mit denen er geistig abgestimmt ist – die Wesen einer bestimmten geistigen Richtung oder eines Kults verbinden sich mit Gleichdenkenden und durch ihren Einfluss helfen sie verkörperten Gleichgesinnten, und so gelangt jeder Entkörperte durch seine psychische Form oder spontanes Verlangen in solche Gebiete, die er sich während seines materiellen Lebens schuf, und wohin er entwicklungsgemäß gelangte. Auch hier partizipieren Beziehungen zu anderen Individuen, die im Prozess der Reinkarnation aufgezogen wurden u.ä. Einflüsse, die die Form und Qualität des postmortalen Seins bilden, gibt es viele.
Im körperlosen Zustand fühlt sich das Wesen so wie derjenige, dessen materiellen Schicksalsteil er zuletzt durchlebt hat. Es ist also im Ganzen eines der spezifischen Leben, in dessen schicksalhaftem Geschehen sich die Ablegung des Leibes befindet. Dieses spezifische Leben endet erst vor der materiellen Neugeburt. Dann gerät das Wesen in einen gewissen Zustand der Seligkeit, später in Nebel und Bewusstlosigkeit. Hier verschwindet das bisherige Bewusstsein seines spezifischen Lebens, und es fängt an, sich an den Körper des Neugeborenen anzuschließen, der sich vorläufig noch im Mutterleibe befindet. Nur Menschen von höheren Entwicklungsgeburten können sich im zweiten, unkörperlichen Teil ihres Lebens, mehr oder weniger, je nach ihrer Reife, zeitweilig, gemäß ihrem Willen, an ihr inneres Wesen anschließen.