DAS GESETZ DER REFLEXION
Was ist das Gesetz der Reflexion? Es ist ein Entwicklungslebensgesetz, ohne das es keinen Entwicklungsverlauf gäbe, besonders nicht bei den niedrigeren Lebensformen, wo es die passive Entwicklung gibt.
Das Wesen durchschreitet das Leben und entscheidet ständig über sein Schicksal. Sein Entscheiden bezieht sich auf alles. Von den kleinsten Kleinigkeiten, wie z.B. mit dem Fuß austreten oder der Handbewegung bis zum komplizierten Prozess der Beurteilung oder Entscheidung. Und hier kommt das Gesetz der Reflexion zu Wort.
Alles Geschehen, alles das, was ist, währt dauernd in der Zeitlosigkeit. In unserem Erleben des Daseins ist aber der Verlauf – die Zerteilung. Das bedeutet dann, dass in der Zerteilung das gesamte Dasein zwei Pole hat. Jedes seiner Teile, jedes Geschehen ist in zwei gleiche Pole geteilt, die einen gegensätzlichen Sinn haben. Alles im Schöpfungswerk ist in Zweiheit, auch wir sind zweiheitlich (Dualisten), und können auch alles als zweiheitlich begreifen. Z.B. das fortscheitende Geschehen begreifen wir als in das Gute und das Böse aufgeteilt. Das Gesetz des Daseins ist für uns geteilt in Geburt und Sterben, in Leben und Tod. Und dennoch ist es eine einzige Gesetzmäßigkeit von zwei Polen. Wenn wir die Wärme wahrnehmen, steht gegen sie die Kälte. Gegen die Zentripetalität steht die Zerstreuung usw. Und doch ist es im statischen Zustand immer nur eine Gesetzmäßigkeit mit zwei Polen. Unser Lebenslauf und auch unsere eigene Wesensäußerung pendelt wie ein Perpendikel ständig zwischen zwei Polen. Wir entscheiden zwischen zwei Polen, handeln zwischen zwei Polen, und selbst sind wir zweipolig.
Aus der Podstata sind wir hervorgegangen und in die Podstata kehren wir zurück. In dieser Podstata haben beide Pole, ganz gleich wohin sie gehören, den gleichen Wert. Sie sind Teil einer Gesetzmäßigkeit, in der sie sich im Gleichgewicht befinden. Daher ist das Gleichgewicht das Ideal des Daseins. Aus dem Gleichgewicht sind wir hervorgegangen und ins Gleichgewicht kehren wir zurück. Nur in dem Zeitraum der Entwicklung, in der unser Wesen die Entscheidungsmöglichkeit erlangte, brachten wir alles durch unsere Entwicklungsunvollkommenheit und Unwissenheit aus dem Gleichgewicht. Z.B. in unserem Handeln bewegen wir uns ständig zwischen dem Guten und Bösen. Wir können es nicht richtig beurteilen, unser Begreifen ist nicht ausgewogen, und unsere Lebensäußerung und unsere Taten sehen danach aus. Manchmal sind wir mehr zum Guten geneigt, ein anderes Mal zum Bösen, und danach wird dann unsere psychische Komponente geformt. Unsere Einstellung und unser Begreifen sind die Grundlage für unsere Taten. Da wir eine aktive Komponente im Schöpfungswerk sind, wirken wir in seiner ganzen Schicksalhaftigkeit als Kraftelement, welches sehr oft sein schicksalhaftes Geschehen unrichtig bestärkt. Damit schaden wir dem Ganzen und gleichzeitig auch unserem inneren Wesen, diesem, welches durch seine Reinkarnationen zur Vollkommenheit und Wiederverschmelzung mit der Podstata schreitet.
Aber die ausgewogene Podstata beeinflusst nur durch ihr Dasein den Entwicklungsverlauf des Wesens und durch den Druck ihres Einflusses erlaubt sie keine großen Abweichungen. Sie drückt auf das Ausgleichen, und dieser Entwicklungsdruck, der ein gesetzmäßiger Teil des Lebens ist, nenne ich „Gesetz der Reflexion“.
Das Wesen, welches das Lebensgeschehen durchschreitet, unterliegt diesem Gesetz. Besonders das niedere Wesen, d.h. jenes, welches in der Entwicklung zwischen den ersten tierischen Lebewesen und dem Menschen steht, und sich also noch im Zustand der passiven Entwicklung befindet.
Es ist demnach so: Alles, was das Wesen tut, ob Gutes oder Schlechtes, kehrt zu ihm zurück, und zwar gewöhnlich in seinem nächsten Leben. Es ist deshalb so, damit das Wesen seine Taten kennenlernt und an sich selbst auskosten kann. Weil dann die durch den Reflex geschaffenen Begebenheiten in seinem kommenden Leben auftreten, und das Wesen nach seiner Wiederverköperung sich an das vergangene Leben nicht mehr erinnert (das Gedächtnis wird nicht von einem Leben auf das andere übertragen), erlebt es das vorgesehene Geschehen unmittelbar.
Die Taten aus den vergangenen Leben – eigentlich der ganze schicksalhafte Lebenslauf – ist im Gehirn gespeichertt, in seinem Gedächtnis. Ins Unterbewusstsein, also in das bewusstsein des inneren Wesens werden nur die Eindrücke hinterlegt, die stark emotional (gefühlsmäßig) erlebt wurden, und die vom Blickpunkt dieses höheren Wesens aus wichtig sind. Die Kenntnis vom übrigen Geschehen ist nur im Gedächtnis des Gehirns enthalten. Hier verbleibt das, was für die Entwicklung unwichtig ist, oder das, was man ohne gefühlsmäßig tieferen Eindruck erlebt hat, das, worüber wir uns im Leben nur oberflächlich informiert haben, kurzum das, was mehr verstandesgemäß – als gefühlsmäßig wahrgenommen wurde. Es geht z.B. das nicht ins Bewusstsein über, was wir mit der Vernunft gelernt haben, und was mit der Entwicklung des Wesens nicht im Zusammenhang steht – was wir in der ganzen wissenschaftlichen Disziplin erfasst haben, aber im Unterbewusstsein verbleibt vielleicht eine Neigung zu irgendeiner wissenschaftlichen oder künstlerischen Disziplin zurück, falls wir sie liebten und ihren Sinn tief erlebten.
Das, was unter Mitwirkung der Gefühlskomponente im Unterbewusstsein aufbewahrt wurde, wird Eigentum des inneren Wesens und hilft ihm, sich in seinem Entwicklungsverlauf zu formieren. Das Oberflächliche, vorwiegend Vernünftige, ist Eigentum des Gehirns und geht mit dem absterbenden Gehirn auch zugrunde. Deshalb kennt das neugeborene Wesen auch nicht seine Vergangenheit. Von dieser dringt ins Bewusstsein, stärker oder schwächer, nur die Stimme aus dem Unterbewusstsein, die „Gewissen“ genannt wird.
Deshalb erlebt das Neugeborene die schicksalhaften Begebenheiten des neuen Lebens, die zu den Taten im vorangegangenen Leben in reflektorischer Beziehung stehen, unmittelbar. Es weiß z.B. nicht, warum es leidet, warum ihm das Schicksal hart zusetzt, aber es fängt diese Schläge nur ab und erlebt sie. Es erlebt sie mit einem größeren Gefühl, als wenn es wüßte, wofür es leidet. Das unmittelbare Erlebnis hat einem größeren Wert für die Erkenntnis, die aus diesem Leiden entspringt, und deshalb ist es ein besserer Lehrer, der das innere Wesen besser formen kann. Und darum handelt es sich eigentlich. Auf diese Weise werden die Abweichungen und Deformationen an dem entstehenden inneren Wesen am besten ausgeglichen, die sonst nur schwer auszugleichen wären.
Das Gesetz der Reflexion begleitet das Wesen ständig. Es kann nicht aufgehoben werden. Es geht nicht zugrunde. Nur die Wesen auf einer höheren Stufe der Entwicklung können es mehr oder weniger in Ruhe versetzen.